Eine der meistgestellten Fragen in ersten Kundengesprächen zu den „European Sustainability Reporting Standards“ (ESRS) im Rahmen der CSRD-Berichtspflicht ist, wie viel das Unternehmen denn wirklich berichten muss.
30. August 2024
Eine verständliche Frage, denn die ESRS sind umfassend gestaltet und beinhalten über 1.000 Datenpunkte. Allerdings möchten wir gleich zu Beginn dieses Artikels unterstreichen, dass die Darstellung der ESRS als „Bürokratiemonster“ deutlich weniger hilfreich ist als eine konkrete Einordnung davon, wie Unternehmen den für sie passenden Berichtsumfang feststellen.
Deshalb geht es in diesem Artikel genau um diese Einordnung. Dafür haben wir sechs Schritte zusammengefasst, die dabei helfen, den Berichtsumfang im Sinne einer effizienten Umsetzung der CSRD auf das Unternehmen anzupassen.
Die Anpassung des Berichtsumfangs ist explizit von der Regulatorik gewollt. Denn die grundlegende Logik der ESRS ist, dass ein Unternehmen mit mehr wichtigen Auswirkungen oder finanziellen Risiken ausführlicher berichtet als ein Unternehmen mit weniger wichtigen Nachhaltigkeitsthemen.
Es ist wichtig, dass Unternehmen gerade beim erstmaligen ESRS-Bericht von Anfang an darauf achten, in welchem Umfang sie berichten müssen und wollen.
So können Ressourcen effizient genutzt werden und die wichtigsten Themen können ESRS-konform berichtet werden. Im Folgenden gehen wir auf sechs konkrete Schritte zum Abstecken des Berichtsumfangs ein.
Die erste Frage, die sich ein Unternehmen in Bezug auf den ESRS-Bericht stellen sollte, ist, ob es überhaupt einen eigenen Bericht erstellen muss. Konkret gilt es, auf Größenkriterien und Befreiungsmöglichkeiten zu achten. Sobald ein Unternehmen mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllt, ist es grundsätzlich berichtspflichtig: mehr als 250 Mitarbeitende, Nettoumsatz von mehr als 50 Mio. € und eine Bilanzsumme von mehr als 25 Mio. €. Allerdings gilt diese Berichtspflicht z.B. nicht für Tochterunternehmen, deren Mutterunternehmen einen ESRS-Bericht für alle Töchter erstellt. Es lohnt sich also, Befreiungsmöglichkeiten gewissenhaft zu prüfen.
Die ESRS sind umfassend konzipiert – aber eben auch so, dass es für viele Unternehmen in den ersten paar Berichtsjahren Erleichterungen gibt. Unternehmen mit weniger als 750 Mitarbeitenden müssen erst im dritten Bericht auf die ESR-Standards E4 (Biologische Vielfalt und Ökosysteme) sowie S2 bis S4 (Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette, betroffene Gemeinschaften, Verbraucher & Endnutzer) eingehen. Und erst im zweiten Bericht müssen Angabepflichten in Zusammenhang mit dem S1 (eigene Belegschaft) gemacht werden.
Auch für Unternehmen mit mehr Mitarbeitenden gelten Übergangsregelungen, die z.B. den Aufwand bei Angaben zur vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette in den ersten drei Jahren minimieren.
Wer alle Details nachlesen möchte: diese finden sich in Kapitel 10 des ESRS 1 und in der Anlage C. Unternehmen sind nicht verpflichtet, Übergangsregelungen anzunehmen. Allerdings kann es gerade bei den ersten Berichten sinnvoll sein, sich auf umfassende Transparenz und passende Prozesse zu konzentrieren, bevor der volle Berichtsumfang ansteht.
Die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist ein besonders wichtiges Instrument, um den Berichtsumfang für Unternehmen anzupassen. Denn es müssen nur Standards berichtet werden, denen das Unternehmen wesentliche Auswirkungen oder finanzielle Aspekte zuordnet. Die Ausnahme ist der ESRS 2, den alle Unternehmen berichten müssen.
Für die themenbezogenen Standards gilt: wer keine Berührungspunkte mit dem Standard hat, muss ihn nicht berichten. Verbraucht ein Unternehmen zum Beispiel wenig Wasser und hat keine Berührungspunkte mit Ableitung in Ozeane oder Meeresressourcen, muss der Standard E3 nicht berichtet werden.
Es ist zu erwarten, dass kaum Unternehmen den Standard E1 (Klimawandel) ausschließen werden. Je nach Ergebnis der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse kann der Berichtsumfang also stark variieren.
Selbst, wenn ein Unternehmen im vorherigen Schritt einen Standard als wesentlich identifiziert hat, müssen nicht zwangsläufig alle Angabepflichten oder Datenpunkte berichtet werden. Konkret heißt das: Jeder Standard (z.B. E1 Klimawandel) enthält Angabepflichten. Diese wiederum enthalten Datenpunkte. Es liegt am Unternehmen, unzutreffende Angabepflichten und Datenpunkte auszuschließen. Ein häufiger Grund ist, dass zwar die Nachbarschaft als „betroffene Gemeinschaft“ (S3) zählt, aber nicht die im ESRS genannten indigenen Völker. Hier fallen dann entsprechende Datenpunkte zu indigenen Völkern weg. Die Gap-Analyse kann Unternehmen dabei helfen, systematisch wesentliche von unwesentlichen Datenpunkte zu unterscheiden.
Auch bei wesentlichen Themen kann ein Unternehmen Angaben im Sinne der ESRS auslassen, wenn es sich um freiwillige Angaben handelt. Denn nicht alle Datenpunkte sind verpflichtend; erneut liegt eine Einschätzung des Berichtsumfangs am Unternehmen. Je nach Ambitionsniveau und Reputationsrisiken können Unternehmen mehr oder weniger ausführlich berichten.
Es gibt bereits einige wenige Unternehmen, die Berichte auf Basis der ESRS veröffentlicht haben. Es kann hilfreich sein, sich Berichte aus der Branche genauer anzuschauen, z.B. um ein Bild eines „finalen Berichts“ zu bekommen – oder um von besonders soliden Berichten zu lernen. Genau deshalb teilen wir in der Beratungspraxis mit unseren Kunden auch Best Practices aus bestehenden Berichten mit Kunden.
Diese 6 Schritte können Unternehmen darin begleiten, ESRS-Berichte im passenden Umfang zu erstellen. Hier ist anzumerken, dass der „passende Berichtsumfang“ dynamisch ist; bei neue Geschäftstätigkeiten, Bereichen oder Standorten passt sich auch der Berichtsumfang an. Also werden sich Unternehmen auch in Zukunft regelmäßig mit dem Thema Berichtsumfang im Rahmen der ESRS auseinandersetzen.
Wir hoffen, unsere 6 Schritte sind hilfreich dabei! Kontaktieren Sie uns gerne bei Rückfragen.
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